Spiel und Spaß auf der Straße...
Um 9 Uhr ging es in Tegel schon los. Der Lufthansa Flug hatte insgesamt zwar 15 Minuten Verspätung, doch es blieb zum Anschlussflug noch genug Zeit. Der Terminal Wechsel in München gestaltete sich nicht ganz so einfach. Das Schildersystem am Münchener Flughafen war nicht sofort zu durchblicken. Letztendlich hatte auch der Flug nach Havanna 35 Minuten Verspätung – wie sollte es auch anders sein. Schon im Terminal war klar, dass dieser Flug nicht ausgebucht sein wird. Und tatsächlich, ich hatte einen zweier Sitz für mich alleine. First Class ohne Aufpreis, so muss das sein. Es war aber deutlich zu spüren, dass mein kleiner Arsch in einer Charterlinie steckte. Die Flugbegleiter zogen ihr volles Programm ab, um die Leute über 10 Stunden bei Laune zu halten. Schlecht fand ich allerdings die Verpflegung. Es gab nur ein Menü zur Auswahl, was darüber hinaus noch kleiner war, als die eh schon kleinen Portionen im Flugzeug. Das geht eigentlich gar nicht für so einen langen Flug. Für alkoholische Getränke bezahlen, damit kann ich ja noch leben, aber bei einem Langstreckenflug mit dem Essen so zu geizen, wirft ein ganz schlechtes Licht auf Condor. Aber auch das war noch nicht alles. Für das Entertainment wurde der Gast auch noch einmal zur Kasse gebeten. Was Standard bei jeder Airline ist, kostet bei Condor 8 Euro. Das ist dann schon echt Abzocke. Zudem wird zwar Kreditkartenabrechnung angeboten, doch funktionieren tut das System nicht. Insgesamt ein ganz schwaches Bild.
Am Flughafen Havanna angekommen, hieß es erst einmal: Übe Dich in Geduld. Bei einer Strecke von 200 Metern bis zum Terminal benötigten die Kubaner mit den Koffern eine ganze Stunde. Bis dann die letzten Fahrgäste im Bus waren, verging noch einmal eine Stunde. Nach weiteren 2,5 Stunden Fahrzeit war dann das Ziel Varadero erreicht.
Die Halbinsel Varadero ist nicht besonders groß. Der Großteil der Fläche der Halbinsel ist mit Hotels bebaut. Es werden diverse Touren angeboten u.a. nach Havanna, Trinidad usw. Auch Tauchen ist auf Varadero möglich. Das Zertifikat der Basen ist mir bis dato allerdings völlig unbekannt. Siehe zu dem Thema auch Bericht Barracuda Diving Center Varadero. Auf der Halbinsel Varadero selbst kann sich jeder gut mit der geöffneten Sardinenbüchse (Hop On Hop off Busse) durch die Gegend bewegen. Ein Tagesticket kostet knapp 5 Euro. Blöd: Wer nur mal schnell nach Varadero Stadt will, muss sich trotzdem ein Tagesticket kaufen. Einzelfahrscheine werden nicht ausgegeben. Exklusiver geht es mit den vielen Taxis und Privattaxis (Oldtimer). Preise verhandelbar.
Die Preise außerhalb der All-inclusive-Hotels sind nicht gerade ein Schnäppchen, aber auch nicht wirklich teuer. Mit der Zweitwährung CUC (Pesos Convertibles), auch gerne Touristenwährung genannt, machen die Kubaner ganz sicherlich ein Geschäft, denn der Pesos Nacionales wird von kaum jemanden noch akzeptiert. Nur unter den Kubanern selbst wird damit noch gehandelt. Wer sich als Tourist Pesos Nacionales andrehen lässt, wird diese nicht los.
Die Strände in Varadero sind schön und zu meiner Zeit auch nicht überlaufen gewesen. Überhaupt, beim Vorbeifahren diverser Hotels habe ich nur verwaiste Pools und extrem neue Hotels gesehen. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass meine Reisezeit außerhalb der Saison gelegen hat. Trotz der palmengesäumten Strände von Varadero muss ich sagen, dass in dem Punkt die Nachbarinsel Hispaniola mehr zu bieten hat. Varadero ist am besten für einen reinen Hotelurlaub geeignet. Kuba real ist anders. Die Leute, die einen schönen du-ich-fickificki Urlaub suchen, sind in Varadero auch nicht so gut aufgehoben. Wer keinen Stich in der Hotelanlage landen kann, wird es im Ort schwer haben. Offiziell ist in Kuba Prostitution verboten – dennoch gibt es sie.
Der Ort Varadero hat außer ein paar Shops, Bars, Restaurants, Touristennepp und den Parque Josone nicht viel zu bieten. Neben den großen Hotels gibt es aber etliche Privatvermieter in den Seitenstraßen. Wer auf Individualität wert legt, wird hier sicherlich fündig.
Weiter im Norden der Halbinsel Varadero befindet sich das Reserva Ecologica Varahicacos (Réserve écologique). Ein Wanderweg durch den Wald von Varadero. Viel Natur ist auf Varadero ja nicht mehr vorhanden. Das meiste Grüne fiel dem Hotelbau zum Opfer. Obwohl die ganzen Touristenbusse an dem Eingang des Naturparks vorbeifahren, aussteigen tut dort niemand. So war ich also an einem Nachmittag der Einzige, der 5 CUC Eintritt zahlte und den Weg ins Unterholz wagte. Schnell stellte sich heraus, dass Badelatschen für den steinigen Weg keine besonders gute Wahl waren. Es ging vorbei an Höhlen, Sümpfen und diversen exotischen Pflanzen. Es kreucht und fleucht an jeder Ecke. Schlangen und Echsen unterschiedlicher Größe kreuzen den Weg. In der schwül heißen Luft freuten sich besonders die Moskitos über meinen Besuch. Der Ausgang des Pfades endet am Highway Süd (Autopiste Sur). Dort gibt es übrigens keine Kasse und wer sich die 5 CUC sparen will, kann dort einfach seinen Rundgang starten. Gleich in der Nähe des Reserva Ecologica Varahicacos ist die Cueva Ambrosio. Wer Tierfreund ist, sollte sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Schon nach ein paar Metern flattern einem hunderte von Fledermäusen um die Ohren und am Boden warten hungrige Reptilien, die diese possierlichen Tierchen zum Fressen gerne haben. Das Ganze ist auch für 5 CUC zu haben.
Um nicht völlig durchgetostet zu werden, entschloss ich mich, ein paar Tage Havanna dazwischenzuschieben. Weg von der schönen heilen Ferienwelt Kubas und der Wahrheit einmal ins Gesicht schauen. Über Matanzas (Deutsch: Schlachtfeld), einer Stadt mit 150.000 Einwohnern führte der Weg immer an der Küste entlang. Ehrlich gesagt wirkte die Stadt Matanzas an einigen Stellen wirklich so, als wäre die letzte Schlacht nicht lange her. Es ging vorbei an Erdölraffinerien, Rumfabriken und beeindruckenden Palmenlandschaften. Die Schnellstraße Via Blanca war relativ gut ausgebaut und wenig frequentiert. In Havanna zunächst das erwartete Bild. Touristenmassen drängeln sich durch die kleinen Straßen, vorbei an den teils fein herausgeputzten Kolonialbauten. Ein paar Straßen weiter sah es allerdings völlig anders aus. Die schönen Altbauten in einem total desolaten Zustand. Es wird in Havanna zwar viel renoviert, doch um den historischen Kern zu retten müsste langsam schnell etwas passieren. Dass dort noch Menschen auf engsten Raum hausen, ist erschreckend. Es stinkt nach Pisse und Scheiße, Dreckwasser wird einfach durchs Fenster auf die enge Straße gekippt, frei laufende Hunde und Katzen zwischen Dreck, Müll und offenliegenden Stromkabeln. Ein echt trauriger Anblick. Besonders in der Nacht ist es an einigen Stellen dieser Stadt nicht angenehm. Dazu ständiges Angequatschte und Angegrapsche. Jeder will an dem Besucher in irgendeiner Weise mitverdienen. "Hello my Friend", "Where are you from“. Der eigentlich zurückhaltende Kubaner mutiert in Havanna schnell zum gemeinen Nordafrikaner. Verständlich aber nervig. Ein echtes Spießrutenlaufen.
Außerhalb des alten Havannas gibt es natürlich auch noch viel zu entdecken. Sozialistische Betonklötze neben historischen Gebäude. Ein Stilbruch, der auch heute noch in fast allen Ländern der ehemaligen Sowjetunion zu finden ist. Der Platz der Revolution, José Martí – am eigentlichen Regierungsviertel Kubas, ist auch so ein in Beton gegossener Monumentalbau, dessen Besuch sich nicht unbedingt lohnt. Mit dem Fahrstuhl geht es 109 Meter hinauf. In einem extrem klimatisierten Raum gibt es dann einen Überblick über Havanna. Leider hinter verdreckten Plexiglasscheiben. Um den Plaza de la Revolución herum Tristesse und die gefühlt eintausendste Che Guevara Abbildung an einem Regierungsgebäude. Der Kolumbusfriedhof ganz in der Nähe ist eher einen Besuch wert. Ein riesiges Gelände mit Gräbern, die im Ausmaß ihresgleichen sucht.
Nachts in Havanna – auch das wird einem ja immer so lebendig verkauft. Hier ist der Fakt ein anderer. Tatsächlich hatten viele Bars, die am Tage noch offen hatten, am frühen Abend schon geschlossen. Ab Mitternacht wurden quasi die Bordsteine hochgeklappt und in den wenigen Etablissements, die noch geöffnet hatten, gab es keinen Platz mehr. Ein fröhliches und lebendiges Nachtleben in einer Millionenstadt sieht für mich etwas anders aus. Die Preise an sich sind in Havanna okay. Allerdings sind die Hotelpreise schon eine Hausnummer für sich. Das Hotel Plaza verlangte für eine Nacht 150 Euro, bot dafür aber eine Abstellkammer, in dem noch nicht einmal das Licht auf dem Scheißhaus funktionierte (siehe Hotelbewertung Plaza Kuba).
Schlussendlich waren die paar Tage in Havanna zwar interessant, blieben aber insgesamt doch ein Stück unter den Erwartungen. Andere Ziele wie Trinidad, Santa Clara oder Viñales wären vielleicht die bessere Wahl gewesen.
Fazit: Der all-inclusive Mensch wird in Varadero all das finden, was er braucht. Für Letzteres kann ich ohne schlechtes Gewissen eine Empfehlung abgeben. Um das wahre Kuba zu erleben, muss jeder die all-inclusive Idylle hinter sich lassen. Dies geht gut auf eigene Faust (Busse und Mietwagen) oder auch teurer, dafür organisiert (aber nicht exklusiv). Havanna ist einen Besuch wert, zu viel erwarten sollte allerdings niemand. Es ist wie im Sozialismus. Hinter einigen schönen Fassaden verbirgt sich die Wahrheit. Insgesamt war ich mit der Reise zufrieden, auch wenn es für einen Badeurlaub viel zu weit war. Doch 32 Grad bei 80 % Luftfeuchtigkeit sind einfach für mich zu verlockend gewesen. Die schönere Natur und Strände sind aber auf der Nachbarinsel zu finden.