- Details
- Hendrik Lorenz
- Afrika
- Kategorie: Ägypten
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Gut angefangen hat der erste Tag in Ägypten leider nicht. Eine gewisse Vorahnung war schon vorhanden und tatsächlich: Die gebuchte Tauchschule hat mich vergessen abzuholen. Vor dem Hotel sitzend samt Equipment, wie bestellt und nicht abgeholt. Nach einer halben Stunde musste dann ein Taxi herhalten, wohl wissend, dass dies wieder sämtliche Nerven kosten würde. Nach zähen Verhandlungen ging es also Richtung Downtown. Obwohl vorher genaustens kommuniziert wurde, welches Tauchcenter das Ziel war, wurde schnell klar, dass der Typ gar nicht wusste, wo das genau war. Nach dem Hinweis, dass es gegenüber dem Empire Triton Hotel liegt, fing natürlich gleich die Nachverhandlungen an. Was für ein Stress. Am liebsten wäre ich gleich wieder ausgestiegen. Beim nächsten Taxi wäre es sehr wahrscheinlich auch nicht anders gewesen. Am Zielort angekommen war die Tauchschule schon geschlossen, was bedeutete, dass die Truppe schon unterwegs war. Das Schiff war also quasi ohne mich abgefahren. Es folgte noch eine halbe Stunde Diskussion mit dem Fahrer. Nach zähen Verhandlungen erklärte er sich plötzlich noch bereit, den Besitzer der Tauchschule anzurufen, der sich auf dem Rückweg vom Hafen befand. Beim Eintreffen war dieser peinlich berührt, da er mich tatsächlich einfach vergessen hatte und wohl geistig noch bei Sonntag war. Tja, meinen Tag hatte ich mir auch anders vorgestellt, aber das Kind war nun mal in den Brunnen gefallen. Der Fahrer wartete inzwischen weiter, ganz offensichtlich in der Hoffnung, eine Rückfahrt zum Hotel zu ergattern. Die bekam er dann auch, nur musste er nun mit Nasser die Verhandlung der Kosten durchführen. Da hatte der werte Herr im Taxi die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Natürlich bekommt er von Ägyptern bei Weitem nicht so viel. Und da ich mitbekommen habe, dass Nasser (Besitzer der Tauchschule) ihm die Hin- und Rückfahrt bezahlte, gab ich ihm den Tipp, dass ich die Hinfahrt schon bezahlt habe. Also holte sich Nasser die Hälfte vom Fahrer zurück, der dann entsprechend angepisst war und mir während der Rückfahrt mehrmals drohte, mich irgendwo auszusetzen, wenn ich nicht nochmals was drauflege an Kohlen. Da musste ich mir schon das Lachen verkneifen und ignorierte weitere Aussagen. Tja, es ist nach wie vor, wie es ist: Taxifahren in Ägypten ist und bleibt reine Verarsche und Abzocke. Wer sich nicht wehren kann, sollte sich in Hurghada nie ein Taxi nehmen. Für den angebrochenen Tag blieb mir dann leider nichts anderes übrig, als in der Hotelanlage zu bleiben. Auf ein Spießrutenlaufen vor dem Hotel konnte ich ebenfalls gut verzichten. Es bleiben zum Glück noch genug Tage zum Tauchen. Vielleicht klappt es am nächsten Tag mit dem Abholservice.
Was für ein Service, da hat man doch extra morgens einen Fahrer vorweggeschickt, der mich abholt. Und so etwas von pünktlich, das war mir ja schon fast ein wenig unangenehm. Es ging dann auch direkt zum Hafen, wo eigentlich alle schon an Bord waren. Mein Tauchgepäck war auch schon an Bord. Jetzt noch alles in die Kiste verfrachten und los. Das Boot war nicht übervoll, ein paar Asiaten, die ihr Schnorchelglück suchten, ein paar Deutsche, Holländer und natürlich Russen. Die Bolschewiki betrieben während der Fahrt unter Bord ein illegales Glücksspiel mit Karten. Fehlte nur noch der Wodka, aber dieser fließt sicherlich erst im Hotel in Strömen. Erste Station Abu Armada South. Zum ersten Mal wollte ich dann auch meine Action CAM Rollei Bullet 55 mit Unterwasser nehmen. Ein schwieriges Unterfangen, da es nicht wirklich eine gute Befestigung für ein Halteband gibt. Es blieb mir nicht anderes übrig, als das Ding in der Hand zu halten. Etwas riskant, fällt einem das Teil herunter, wird es wohl schwierig, das Ding am Meeresgrund wiederzufinden. Doch das Tauchen mit dem Teil in der Hand funktionierte ganz gut. Abu Armada South war leider nicht besonders fischreich, ein paar Muränen, die böse den Kopf aus ihren Höhlen steckten, ein Nemo hier, ein Falterfisch da. Das sollte es auch schon gewesen sein. Erfreulich viele schöne, intakte Korallen. Mittagspause, ein leckeres Essen und ein Stückchen weiter tuckern. Auf dem Weg zum zweiten Tauchplatz kamen wir an einer im Meer schwimmenden, auf dem Riff liegenden, winkenden, hilflosen Person (in Fachkreisen auch HiloPe genannt) vorbei. Zwei Besatzungsmitglieder sprangen sofort ins Wasser, um den Mann zu holen. Nachdem die Person dann auf dem Boot war, stellte sich heraus, dass es sich um einen abgetriebenen Schnorchler handelte. Der Mann konnte noch nicht einmal schwimmen. Deshalb war er auch in einer dicken Schwimmweste eingepackt. Auf seinem Boot wurde er offensichtlich gar nicht vermisst. Der Typ hätte auch locker absaufen können. Bis auf ein von Korallen aufgerissenes Bein hat der abgetriebene Schnorchler keine bleibenden Schäden davon getragen. Anschließend gab es noch einen Taxiservice zu seinem eigentlichen Boot.
Nächster Halt: Small Giftun. Beim Aufdrehen der Pressluft ein lauter Knall, da hat es irgendeinen Dichtungsring zerrissen. Die Ägypter haben das aber schnell wieder hinbekommen. Es ging mit etwas Verspätung ins Wasser. Das Riff war dann etwas spannender. Eine freischwimmende Riesenmuräne kreuzte den Weg, allerhand Kleinkram und leider auch etwas Müll, der immer wieder von Bord der ankernden Schiffe geht. Bedauerlicherweise permanent Nebel in der Maske. Maske fluten und das eingelaufene Wasser als Scheibenwischer zu benutzen. Nervig. Insgesamt haben die ersten Tauchgänge mir aber wieder viel Freude bereitet und ich bin gespannt, wo es dann morgen hingeht. Zurück im Hotel wollte ich natürlich gleich wissen, wie die Aufnahmen mit der Action CAM Rollei Bullet 55 geworden sind. Viel erwartet habe ich nicht, doch etwas besser hätte ich es mir das Ergebnis schon vorgestellt. Okay, das Teil ist natürlich nicht mit einer echten Unterwasser-Videokamera zu vergleichen. Insgesamt ist alles sehr grünstichig und unscharf geworden. Vielleicht ist es möglich, bei der Bildbearbeitung irgendwie noch etwas herausholen.
Eine durchwachsene Nacht. Zwischen zwei und 3 Uhr in der Früh gab es plötzlich lautes Geschrei im Hotel. Über mir eine handfeste Auseinandersetzung mit mehrerer Typen. Zwischendrin eine historisch kreischende Frau. Die ganze Situation wollte sich gar nicht mehr beruhigen und da die Herrschaften Deutsch mit einem stark südlichen Akzent sprachen, war auch klar, dass es wohl um eine Frau ging, um die mehrere Testosteron gesteuerte Typen buhlten. Ob es sich nun um ein Eifersuchtsdrama oder einer misslungenen Gang-Bang Party handelte, war nicht herauszufinden. Klar war mir nur, dass das Einschlafen nach einer so langen Unterbrechung schwierig werden würde. Dementsprechend schwerfiel das Aufstehen am nächsten Morgen. Immerhin lernte ich heute mal zwei Tauchplätze kennen, die noch nicht in meinem Logbuch verzeichnet waren. Marsa Abu Galawa und Sachua Abu Gallawa. Letzterer hat mir am besten gefallen, da viele seltene und schwer zu findende Fische zu sehen waren. Unter anderen gab es zwei verschiedene Steinfischarten zu bewundern, zahlreiche Krokodilfische und diverse Kofferfische. Auf 35 Meter war beim Tauchplatz Sachua Abu Gallawa zwar kaum noch Fische zu sehen, durch die leichte Strömung entlang am kargen Drop Off, war es aber trotzdem sehr schön, in das tiefe Blau zu schauen. Ansonsten war das Boot an diesem Tag ziemlich leer, was natürlich ein Vorteil war. Jeder kann sich in Ruhe in seinem Anzug steigen und muss dabei nicht aufpassen, jemand anderen auf die Füße zu treten. Weitere Tauchplätze in den nächsten Tagen waren: El Fanadir und El Fandadir South. Beides mir bekannte Plätze, wobei die Erste Station nicht so besonders war, aber die Zweite überzeugen konnte. An einem Korallenblock hatten sich ca 20 - 30 Feuerfische angesammelt, so viele auf einem Haufen habe ich auch noch nie gesehen. Dann noch ein Tintenfisch, der aber leider schnell das Weite suchte. Ansonsten kreuzte den Weg noch ein Igelfisch, ein blauer Segelflossler, Trompetenfische, Blaupunktrochen und natürlich wie immer viele Muränen und sehr viele Steinfische. Shabrur Umm Gammar, ebenfalls schon als positiv in meinem Logbuch verzeichnet, war der letzte Tauchplatz bei diesem Ausflug. Während andere zwei Haie und eine Schildkröte gesichtet haben, musste ich mich mit den üblichen Verdächtigen zufriedengeben. Immerhin gab es auf 40 Metern noch ein kleines Wrack zu bewundern, mittlerweile komplett mit Korallen überwuchert. Der Rest eines ehemaligen Marinebootes. Sehr schön waren auch die kleinen Höhlen, die sich einfach betauchen ließen. Der zweite Stopp bei Umm Gamaar war leider nicht sonderlich spannend.
Die Hälfte des Urlaubs war vorbei und eigentlich bedeutete das gesundheitliche Sicherheit. Doch mein Darm beschloss dennoch auszuchecken. Nach dem ersten Tauchgang am 7. Tag schaffte ich es gerade noch so auf das Boot, konnte schnell noch den Anzug vom Kadaver reißen und auf die Bordtoilette rennen. Der Donnerbalken wurde dann, womit weiß ich viel bar, total gesprenkelt. Eine riesengroße Sauerei. Echt eklig. Seitdem war jeden Tag Übelkeit angesagt und Scheißerei angesagt. Auch wenn beim letzten Ägyptenurlaub das gute Antinal (Ägyptische Anti Sprühschisstabletten) geholfen hat, war diesmal auch nach zwei weiteren Tagen keine Besserung in Sicht. Die letzten Tauchgänge konnten gerade noch so über die Bühne gebracht werden. Und wäre das nicht alles schon schlimm genug: Die Tauchgruppen wurden neu aufgeteilt. Ich hatte schon eine Vorahnung: вы говори́те по-ру́сски? Ach du scheiße, mein neuer Dive Buddy war ein Ivan! Na, das konnte ja heiter werden. Mein Englisch ist ja schon nicht besonders, aber bei ihm ging leider so gut wie gar nichts. Kommunikation unmöglich, Verständigung mit Händen und Füßen. Immerhin hatte der Typ sein eigenes Equipment dabei, was bedeutete, dass er wohl schon etwas erfahrener ist. Tauchplatz erneut Umm Gammaar, ein Riesenadlerrochen schwebte vorbei. Die vordere Gruppe hatte sogar Haie vor der Maske. Wieder einmal knapp verpasst. Müssen diese Viecher auch so schnell sein? Ivan hielt sich recht tapfer bis zu dem Augenblick, wo er sich einen Steinfisch anschaute und dabei mit dem Stahltank jede Menge Korallen abschlug. Da rieselten sie in einer riesigen Staubwolke zu Boden. Klasse. Marsa Abu Gallawa, Sachua Abu Gallawa, Fanous und Fanous Ost waren dann die letzten Tauchspots meines Urlaubs. Die letzten zwei Tage des Urlaubs wurden im Hotel verbracht.
Fazit: Mir hat der Ägypten Urlaub gut gefallen. Preis-Leistungs-Verhältnis hat wieder gepasst. Das Tauchen mit dem Funny Divers war klasse. Nach dem 5. Mal Hurghada ist einem aber alles schon irgendwie bekannt. Noch mal Hurghada in der nächsten Zeit muss nicht sein. Leider hatte ich diesmal nicht so viel Glück mit der Gesundheit. Eine Woche Sprühschiss haben das Immunsystem so geschwächt, dass ich nach Rückkehr erst mal 2 Wochen wegen eines grippalen Infekts krankgeschrieben war.