Terminal C vom Flughafen Berlin-Tegel. Das übliche Gedränge. Im provisorischen Anbau des alten Flughafengebäudes herrschten chaotische Zustände. Schlangen wie zu DDR-Zeiten. Gut, dass ich mein Gepäck schon am Abend vorher aufgegeben habe. In der Wartehalle reges Treiben. Zwei Toiletten für fast 500 Menschen und fehlende Bestuhlung. Schicksal des Billigtouristen. Weil der Deutsche sich ja auch so gerne anstellt und Angst hat, keinen Platz mehr zu bekommen, steht er schon 30 Minuten vor der Öffnung des Schalters brav in Reih und Glied. Ein Blick in die Runde: Die nach Ägypten reisende Klientel macht optisch zumindest noch nicht den Eindruck von "Ballermann 6". Die Maschine war voll ausgebucht. Am Flughafen Hurghada pulkartige Szenen und wildes Durcheinander. Schreiende Touristenfänger, die ahnungslosen Reisende zu ihren Schaltern lockten und ihnen dort ein 25 Euro Visum aufschwatzen. Genau das gleiche Visum gibt es, für die Hälfte des Geldes am Bankschalter gegenüber. Es folgte die längste Gepäckausgabe, die ich je mitgemacht habe. Gemütlich warf ein einziger Bediensteter das Gepäck von 200 Touristen auf das Förderband. Immerhin ist nichts verloren gegangen. Vor dem Flughafen von Hurghada gab es dann eine kleine Überraschung. Da ich anscheinend der einzige Gast an diesem Tage im Hotel Triton Empire war, gab es statt eines langen Bustransfers, der nach und nach seine Gäste absetzt, einen Abholservice mit Fahrer. Nach einer 15-minütigen Tour, bei der ich immer wieder an den sicheren Unfalltod dachte, war das Ziel erreicht.

Nicht zu glauben, trotz Hupkonzert bis in die frühen Morgenstunden gab es einen erholsamen Schlaf. Um 7 Uhr stand der Planet schon mit aller Macht im Zimmer. Die Balkontür aufgeschoben, und schon fegt der glühend heiße Wind in das Zimmer. Im Restaurant suchte ich am Morgen vergeblich nach einer Tasse, um diese mit dem leckeren ägyptischen Instand-Kaffee zu füllen. Doch Fehlanzeige. Irgendwie gab es keine Tassen oder sie waren alle in Beschlag genommen worden. Eine andere Hypothese könnte die sein, dass die Russen sie schon alle geklaut haben. Ist ja auch egal, ein Saftglas hat es dann auch irgendwie getan. Dann schnell zur Tauchbasis Funny Divers rübergesprungen und los ging es mit dem Pick-up zur Anlegestelle. Zu meiner Überraschung wartete mich dort ein ziemlich großes Boot. Nach und nach trudelten allerhand Leute ein, die von den ägyptischen Fängern aus diversen Hotels zusammen getrieben wurden. Die meisten Gäste waren zum Glück nur Schnorchler und Tagesausflügler. Hätten alle tauchen wollen, wäre es doch recht unkomfortabel geworden. Doch die Anzahl der Froschmänner blieb zum Glück übersichtlich. Tagesziel war Gotha Abu Ramada – ca. eine Stunde Fahrt mit dem Boot. Der Name kam mir irgendwie bekannt vor. Ein Blick in das Logbuch verriet mir: Hier war ich 2000, 2005 und 2008 schon einmal. Was solls, die gleichen Fische werden es sicherlich nicht mehr sein. Ein Sprung ins Wasser. Abgetaucht auf 15 Meter und dem Riff entlang gen Westen. Die Sicht war schon mal besser, trotzdem gab es eine Menge zu sehen. Zwischen den beliebten Nemos tummelte sich eine junge Muräne sowie Halbmaskenfalterfische, Kaiser-Imperatoren und Feuerfische. Der erste Tauchgang war also recht befriedigend und entspannt. Zum Mittag gab es auf dem Boot ein Buffet – natürlich waren die osteuropäischen Gäste gleich Erstes am Tisch. Zum Glück war das Essen reichlich, denn ich hatte schon ein wenig Angst, als Letzter in der Reihe leer auszugehen. Gehacktes, Reis, Bratkartoffen, Spaghetti und Salat. Ein gutes Tauchermenü. Auch wenn die Nudeln schon kalt waren – mir hat es besser gemundet als das Essen gestern Abend im Hotel. Der zweite Tauchgang fand dann am gleichen Ort statt und ging am Riff entlang nur in die östliche Richtung. Diesmal waren mehr Meeresbewohner zu sehen. Zwei Riesenmuränen, Kofferfische, diverse Schnapper und Trompetenfische. Nichts Außergewöhnliches, eben die üblichen Verdächtigen. Die zwei Stunden unter Wasser haben sich definitiv gelohnt. Mit etwas Glück ist vielleicht in den nächsten Tagen ein Tauchplatz drinnen, den ich noch nicht kenne.

Die nächsten Tage kam die komplette Russen-Mafia an Bord. Die Deutschen müssen sich langsam damit abfinden, dass sie die touristische Bastion Ägypten an die Russen verloren haben. Gab es doch vor 10 Jahren noch deutsche Beschilderung auf den Straßen und deutsche Speisekarten – heute nur noch in Kyrillisch. Die nächste Niederlage gegen die Massen der Russen nach dem Barbarossa-Feldzug. Wenn der Russe ins Wasser will, herrscht immer Hektik und Chaos. Es ist schwer, sich davon nicht anstecken zu lassen. Mein deutscher Mittaucher beschwerte sich bei mir, dass er mehrfach eine russische Flosse in die Fresse bekommen habe. Darüber hinaus schien es bei den russischen Touristen im Hotel morgens kein Essen gegeben zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass das Mittagsbuffet an Bord erneut schon nach 7 Minuten fast vollständig geplündert war. Ich hatte Glück, noch die letzten Würstchen und Kartoffeln zu bekommen, denn hinter mir stand schon Ivan aus Sibirien, um sich noch ein zweites Mal den Teller vollzumachen. Die nächsten Tauchstationen waren Turtle Bay, Shaab Iris, Shaab Abu Nugar, Fanadir South und Fanadir West. Unspektakulär, aber trotzdem interessant.

Was wäre ein Ägypten Urlaub ohne Dünnschiss? Genau – nur halb soviel wert. Es lief mal wieder ganz flüssig. Und das schon nach 4 Tagen. Stellte sich dieser Zustand bisher immer kurz vor Ende einer Ägyptenreise ein, gab es diesen Spaß dieses Mal schon in der Mitte des Urlaubs. Trotz der gesundheitlichen Einschränkungen waren die weiteren Taucheinheiten und Tage erholsam. Ich musste feststellen, dass sich scheinbar Riesenmuränen und Blaupunktrochen vermehren wie die Karnickel. Kein anderes Geschöpf im Roten Meer begegne ich öfters. Alles war bis dahin schön, doch musste ich mal wieder etwas beobachten, was mir gar nicht gefiel. Ein Guide mit seinen zwei ungeübten Tauchern durchquerte eine Passage zwischen zwei Korallenblöcken. Der eine war so schlecht austariert, dass er sich nicht halten konnte und an den Korallen abstützte. In einer großen Staubwolke brachen diese ab und zu guter Letzt zerstörten seine Flossen durch hektisches Paddeln weitere schöne Dinge im Roten Meer. Und dreimal darf man raten, aus welchem Fleck der Welt die Herrschaften kamen. Jedes Vorurteil wurde hier wieder unter Beweis gestellt. Eigentlich trifft den Taucher, der dieses Desaster verursachte, keine Schuld. Schuld ist sein „toller“ Guide, der nicht kompetent genug war, auf seine Schutzbefohlenen aufzupassen. Zurück auf dem Boot gab es eine Beschwerde bei den einheimischen Guides. Doch mehr als Ausreden und ein Achselzucken löste dies nicht aus. Ich bin wirklich etwas entsetzt, wie leichtfertig die Ägypter mit solchen Vorfällen umgehen. Meiner Meinung nach gehört der Verantwortliche sofort nach Sibirien deportiert, wo ihn 10 Jahre Gulag erwarten sollten.

In der Mitte des Urlaubs gab es zwei Tage Tauchpause. Einfach mal gar nichts tun und am Pool abhängen. Am Pool hatte am frühen Morgen bereits Russland seine Gebietsansprüche in Form von zusammen geschobenen Liegen abgesteckt. Es herrscht zu früher Stunde, reges Treiben. Kindergeschrei und laute Partymusik. Ruhiger wurde es gegen Mittag, da wohl die ersten osteuropäischen Miturlauber in ihrem Zimmer den Vormittagsrausch ausschliefen. Im gegenüberliegenden Empire Beach Resort war mehr los. Hier gab es einen straff organisierten Ablaufplan für die Touristenunterhaltung. Von Gymnastik bis Volleyball wurde so ziemlich alles geboten. Eigentlich nicht schlecht für Menschen, die Schwierigkeiten haben, mit sich selbst etwas anzufangen. Ist schon ein kurioses Schauspiel. Da sind eine ganze Menge Nationen unter einem Dach zusammen gepfercht, trotzdem bleibt jeder unter sich. Während Pool und Partyzone von den Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion eingenommen war, zogen sich die wenigen Italiener, Holländer und Deutsche an einen ruhigen Strandbereich zurück. In meinen Augen war dies eine glatte Urlaubskapitulation gegen eine Übermacht. Nur eines haben alle Gäste momentan so ziemlich gemeinsam: die leuchtend rote Hautfarbe. Mir ist eh schleierhaft, wie die alle, das bei den Temperaturen in der Sonne überhaupt aushalten. Ist der Wind mal weg, ist es wie in einem Toaster.

Der Gang von einem Hotel zum anderen war wie immer ein Slalomlauf. Ständig musste den fliegenden Händlern auf der Straße ausgewichen werden, die einen in penetranter Art und Weise immer wieder versuchten, etwas zu verticken. Die armen Schweine können einen momentan schon leidtun. Viel zu viele von ihnen müssen derzeit um viel zu wenige Touristen (Opfer) kämpfen. Die Ägypter haben sich in den letzten Jahren zu sehr auf das Auspressen von Touristen spezialisiert. Wenn es dann mal nicht läuft, weil wieder irgendeine politische Krise im Land den Touristenstrom lähmt, ein Hai eine Touristin gefressen hat oder Gotteskrieger im Namen der Friedensreligion ein Hotel in die Luft gesprengt haben, sehen alle alt aus. Anmerken lassen sich die Ägypter die momentane miese Situation allerdings nicht. Gejammert wird nicht – lobenswert.

Die letzten zwei Tage verbrauchte ich meine letzten Tauchgänge, die wie schon zuvor nicht spektakulär waren, aber sehr erholsam. Allein die Fahrt mit dem Boot ist einfach herrlich.

Fazit: Der Aufenthalt am Roten Meer war jetzt sicherlich alles andere als ein Spitzenurlaub. Dennoch stand er absolut im Preis-Leistungs-Verhältnis. Hotel und Tauchbasis entsprachen meinen Vorstellungen. Die Unterkunft würde ich aber nicht noch einmal buchen wollen. Leider haben sich Großfische aber dazu entschlossen, nicht mehr so nah an die Riffe zu kommen. Da hatte ich vor ein paar Jahren viel mehr Glück. Schade. Im Vergleich zum letzten Besuch 2008 war in Hurghada wirklich nicht viel los. Die Läden verweist, die noch ihr Glück versuchten, müssen um jeden Kunden kämpfen. So leer habe ich die sonst stark befahrenen Straßen auch noch nicht gesehen. Auffallend war zurzeit wirklich, dass scheinbar nur noch Gäste aus Osteuropa sich nach Ägypten trauen. In den Massen habe ich Polen, Russen oder Tschechen auch noch nicht erlebt. Aber vielleicht fällt das nur so auf, weil der Rest einfach wegbleibt. Wenn auch nicht sofort, ich komme wieder, sobald es denn mal wieder möglich ist und die wirtschaftliche Situation es zulässt.

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Kommentare

Hendrik gefällt ein Kommentar bei Impressum
God Tonya, come over email!!!! postamt@hendrik-lorenz.de
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Tonya hayslett gefällt ein Kommentar bei Impressum
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