Etwas über 10 Jahre ist nun mein letzter Prag Besuch her. Grund genug, die tschechische Hauptstadt noch einmal zu besuchen. Wie auch damals ging es mit dem EuroCity an die Moldau. Für die Strecke von gerade einmal 320 Kilometer brauchte der Zug satte 4:20 Minuten. Das einspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 76 Km/h. Das ist wirklich langsam. Ein Grund dürfte die alte und kurvenreiche Strecke entlang der Elbe in Tschechien sein. Auf der Rückfahrt gibt es in Dresden übrigens auch noch einen längeren Stopp. Hier schaut sich dann auch noch einmal die Bundespolizei die Fahrgäste an und führt im Einzelfall auch Kontrollen durch.
Auf der Hinfahrt nach Prag war der Zug ab Dresden fast verwaist. In Prag angekommen, musste erst ein Ticket für die Metro organisiert werden. Tickets gibt es am Hauptbahnhof an vielen Schaltern vor der Metrostation oder an vielen Automaten, die sich auch kurz vor Eingang der Stationen befinden. Die Automaten nehmen leider nur Münzen an – sehr unkomfortabel. Die Tickets sind preiswert. Beispielsweise kostet ein Ticket für 30 Minuten knapp einen Euro. Ein Ticket für 3 Tage knapp 11 Euro. Tickets gelten im gesamten ÖPNV Netz von Prag. Die Metro von Prag ist relativ tief. Es dauert schon ein Weilchen, um zum Bahnsteig zu gelangen. Wer schon mal in Moskau oder St. Petersburg war, wird die Ähnlichkeiten des Rolltreppenbereichs schnell erkennen. Die Züge sind gut getaktet, längere Wartezeiten sind selten. Das Fahrgastinformationssystem ist etwas bescheiden. Viele Pläne oder Karten sind nicht vorhanden. Auch die Stationen oberhalb sind nicht immer schnell als solche zu erkennen.
Mein Hotel lag diesmal auf der westlichen Seite der Moldau im Bezirk Smíchov unweit der Metrostation Anděl (siehe Hotelbewertung). Am ersten Weihnachtstag war hier nicht viel los. Die meisten Lokale waren geschlossen. Am nächsten Tag sah es ähnlich aus. Da das Wetter zunächst sonnig war, entschied ich mich eine Tour zur Burg mitzumachen. Auch wenn ich da schon mal war, wollte ich mir das Gebiet noch einmal in Erinnerung rufen. Der Begriff „Burg“ passt allerdings nicht ganz, denn eine wirkliche Burg im klassischen Sinne besitzt Prag nicht. Dafür ein enorm umfangreiches Areal von Bauten aus unterschiedlichen Epochen.
Ich hatte eigentlich auch die Hoffnung, dass wegen der Jahreszeit weniger Touristen als beim letzten Mal im Frühjahr unterwegs waren. Aber da hatte ich mich ziemlich getäuscht. Trotz unangenehmer Temperaturen waren gefühlt doppelt so viel Touristen unterwegs als noch vor 10 Jahren. Die Straßenbahn hoch auf dem Burgberg waren so voll, dass kaum jemand hineinpasste. Und das war mit jeder Bahn so, die kam. Die Führung war recht gut, zog sich aber für mich zu sehr in Länge. Ich klinkte mich aus der Gruppe irgendwann aus und begann den Abstieg, vorbei an der Deutschen Botschaft, die ja eine so große Geschichte hat. Ein imposantes Gebäude. Ein Blick hinter dem Gebäude erinnert an die vielen Menschen, die 1989 über den Zaun kletterten. Heute versperren Hecken den Blick auf den historischen Balkon, auf dem Genscher den berühmtesten unausgesprochenen Satz des 19. Jahrhunderts verkündete.
Auf die andere Seite ging es über die Karlsbrücke. Ein großer Fehler. Hier war kaum ein Durchkommen. Grauenhaft. Ich frage mich, was so viele Menschen an dieser Brücke so toll finden. Schön ist sie nur bei Sonnenaufgang, wenn kein Mensch dort ist. Genauso schlimm war dann der Weg über den Altstädter Ring zur Metro. Schieben, drängeln, Slalom laufen. So toll der Altstadtkern auch ist, der Massentourismus ist dermaßen abschreckend, dass es im Bezirk 1 von Prag keinen Spaß macht. An jeder Ecke Touristennepp und Bettelei. Bei dem Gewühle sollte auch jeder extrem auf seine Wertsachen achten. Prag ist eine Hochburg von Betrügern und Taschendieben.
Ein paar Stationen außerhalb des Trubels geht es schon ruhiger zu. Im Bezirk Žižko gibt es zwar nicht so viel Historisches zu sehen, dafür existieren nette, preiswerte Bars und Restaurants. In diesem Bezirk befindet sich auch der unsagbar hässliche Fernsehturm von Prag. Dieser kann für 10 Euro besucht werden – für den, der es braucht. Es lohnt sich wirklich, Prag auch hinter den Kulissen zu erkunden. Das kann auch enorm viel Geld sparen und es wesentlich entspannter und authentischer. Auch im Bezirk Smíchov, nicht weit weg von der Touristenmeile, ist es schon viel billiger und ruhiger. Mit Tram und Metro lässt sich das echte Prag gut und einfach erkunden.
Eine schöne Aussicht über die Stadt Prag gibt es vom Hügel Petřín (Laurenziberg). Der Aufstieg auf den Berg kann zu Fuß recht mühselig sein. In Serpentinen schlängeln sich die Gehwege auf die Spitze des 327 Meter hohen Hügels. Dort befindet sich unter anderem auch der Petřín-Aussichtsturm, der dem Eifelturm ähnelt. In der Bevölkerung ist dieses Gebiet auch ein beliebtes Ausflugsziel. Wem der Aufstieg zu Fuß zu anstrengend ist, kann auch die Petřín-Standseilbahn nehmen, die für einen Euro auf den Berg fährt. Zu empfehlen ist das nicht. Denn an der Bahn, die nur alle 15 Minuten fährt, gibt es endlos lange Touristen Schlangen.
Ein paar hundert Meter hinter Petřín befindet sich das Spartakiadedorf (erinnert an ein osteuropäisches Leistungszentrum) und das alte Strahov-Stadion. Einst das größte Stadion der Welt, mit einem sagenhaften Fassungsvermögen von über 200.000 Menschen, ist heute nur noch ein Lost Place. Mittlerweile wohl extrem zurückgebaut, ist dieser massive Sowjet Monumentalbau dem Verfall ausgesetzt. Kurios: Innerhalb der Arena befindet sich die Geschäftsstelle des Fußballclubs Sparta Prag und diverse Fußballfelder. So etwas ist wohl auch in der Welt einzigartig.
Fazit: Es waren Jahres technisch bedingt leider zwei sehr kurze Tage in Prag. Alle Pläne konnten bedauerlicherweise nicht umgesetzt werden. Für mich erschreckend waren die Touristenmassen. Es war vor 10 Jahren schon extrem, aber auch jetzt, in der schlechten Jahreszeit, platzt die Stadt aus allen Nähten. Unfassbar. Prag hat touristisch mittlerweile solche Ausmaße angenommen, wie man es vielleicht nur von Venedig her kennt. Trotzdem ist Prag immer eine Reise wert und auch immer noch eine preiswerte Stadt, zumindest außerhalb der Altstadt. Ich komme wieder.
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