Umgekehrt gab es einmal einen Werbespott in Bezug auf Mallorca, einige mögen sich noch erinnern. Nun, um überhaupt in Corona-Panik Zeiten noch mal etwas Urlaub abbauen zu können, das auch noch kurzfristig, bieten sich nicht allzu viel Möglichkeiten. Also mal wieder zurück zu den Wurzeln. Nur 214 Kilometer Luftlinie trennen Goslar von Berlin, oder eben auch umgekehrt. Es ist noch nicht so lange her, dass ich in Goslar war. Es war Anfang 2019, im Januar. Nicht die beste Zeit für Ausflüge in die Natur. Dies sollte jetzt nachgeholt werden. Eine gute Entscheidung? Kurz nach den Lockerungen strömen die Leute nach monatelanger Einsperrung in allen Richtungen der Republik. Ob sie denn auch den Weg in den Harz gefunden haben, bleibt abzuwarten. Auch diesmal gab es bei der Deutschen Bahn wieder ein Sparticket nach Goslar, der ehemaligen Reichsbauernstadt. Ein Geisterzug war es nicht, aber eine Sitzplatzreservierung brauchte niemand. Das ist unter normalen Umständen eher die Seltenheit. Ein Lockdown hat eben doch etwas Gutes. Voller war hingegen der ERiXX nach Goslar, beim guten Wetter waren wahrscheinlich viele Ausflügler unterwegs. Am ersten Tag soll man es ja ruhig angehen lassen. Daher blieb es bei einem Grillabend beim Gastgeber.
Das Wetter am Tag darauf konnte leider nicht an das vom Vortag anknüpfen. Immerhin kein Regen bei der „Weinberg bis Steinberg“ Tour. Die Strecke ist mittelschwer und geht über Wiesen, Nutzwald und vorbei an Teichen. Es gibt schöne Ausblicke über Goslar, in den Harz und in das Harz Vorland. Im ersten Viertel der Tour besteht eine Einkehrmöglichkeit in die Steinbergalm. Eine versuchte Kopie einer bayrischen Berghütte. Vom Ambiente ganz gut gelungen, die Preise aber ziemlich überzogen. Hier gibt es einen ordentlichen Touristenaufschlag für einfaches Essen und Trinken. Bei gutem Wetter schöne Aussicht über Goslar – wenn die richtige Sitzgelegenheit denn frei ist. Richtige Highlights sind bei dieser kleinen Wanderung nicht zu verzeichnen. Das Besteigen des im Jahre 1888 erbauten und auf 471 Meter Höhe liegenden Turms lohnt sich und ansonsten lässt sich auf den wenig frequentierten Wegen sehr gut die Natur genießen.
Etwas interessanter wurde es am nächsten Tag. Von Goslar ging es mit der Bahn für 4,20 Euro nach Bad Harzburg. Am Bahnhof angekommen, bot sich ein schreckliches Bild. Ein düsterer, völlig unattraktiver und verwahrloster Haltepunkt mit einer völlig abgerockten Empfangshalle. Der Weg zur Bergbahn führte durch die Herzog Wilhelm Str. Eine fast 2 Kilometer lange Straße gesäumt von Restaurants und Bars. Trotz des guten Wetters waren aber die meisten Einkehrmöglichkeiten völlig verwaist. Einige Einrichtungen hatten noch den Charme der 1970er und 1980er Jahre. Dazwischen etliche schöne und gut erhaltene Harzer Villen und Fachwerkhäuser. Ein Gang durch den Kurgarten – daneben die viel befahrende und laute B4. Wie kann sich hier jemand erholen? Auf den Burgberg ging es für 4,50 hin und zurück mit der Burgbergbahn. Die Burgbergbahn ist eine 1929 in Betrieb genommene Luftseilbahn, die einen Höhenunterschied von 187 Meter in knapp 3 Minuten ausgleicht und einen zum Plateau der Ruine der kleinen Harzburg bringt. Zwischen den Ruinen befinden sich Erklärungen und Hintergründe der ehemaligen Festung in Form von Informationstafeln. Auf dem Plateau befindet sich noch der Canossa Obelisk und ein Hotelrestaurant. Vom Burgberg aus führt der Weg über den Kaiserweg zu den Rabenklippen und anschließend zum Luchsgehege. Leider war den Tag nur ein Luchs zu sehen und über den hohen Zaun, war es auch vom Hochstand aus schwer ein paar gute Fotos zu machen. Vom Luchsgehege war das nächste Ziel das Kreuz des Deutschen Ostens. Dieses Gedenkkreuz soll Mahnung und Erinnerung an die Leiden der nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen sein. Von diesem Denkmal aus war die nächste Station wieder der Ausgangspunkt Burgberg. Die knapp 7 Kilometer lange Tour war gut zu schaffen und ist gut geeignet für einen Nachmittagsausflug. Traurig anzusehen waren die vielen braunen Tannen, die der Borkenkäfer dahingerafft hat. Wenn es so weiter geht, werden viele Bereiche des Harzes bald aussehen wie eine Mondlandschaft.
Den langen Marsch vom Vortag noch in den Knochen, sollte es am darauf folgenden Tag nicht ganz so weit gehen. Durch die Altstadt von Goslar führte der Weg zunächst zum Klusfelsen. Das Sandsteingebilde unterhalb des Petersbergs besuchte einst sogar Johann Wolfgang von Goethe. Innerhalb des Felsen befindet sich eine kleine Kapelle, die aber leider verschlossen war und wohl nur zu bestimmten Anlässen geöffnet wird. Ein paar Meter weiter den Berg rauf sind die Überreste des St.-Peters-Stifts zu finden. Eine relativ großflächige Ruine, von denen aber nur noch die Grundrisse zu erkennen sind. Überreste des einstigen Stiftes wurden in der Stephanikirche verbaut. Über Wiesen führte der weitere Weg an der alten Bahntrasse und dem Flugplatz Bollrich zum Waldarbeiterdenkmal. Das Etappenziel war dann die Berggaststätte „Maltermeister Turm“ von der es auch eine hervorragende Aussicht über die gesamte Stadt Goslar zu bewundern gibt. Nach einem guten Essen ging es wieder bergab, vorbei am Herzberger Teich und Weltkulturerbe Rammelsberg zurück in die Altstadt von Goslar.
Hin und wieder macht auch am Harzrand das Wetter einen Strich durch die eigentliche Planung. Wenn der Himmel die Schleusen öffnet, ist Outdoor oft nur bedingt möglich. So fesselten die klimatischen Bedingungen einen Tag komplett an die Stadt Goslar. Auch nicht schlimm, denn hin und wieder riss der Himmel auf und die Stadt konnte erkundet werden. Merkwürdigerweise waren unter der Woche mehr Menschen unterwegs als an einem sonnigen Wochenende. In Goslar kann man sich kaum satt sehen, an den vielen historischen Gebäuden. Hier erhält jeder ein Gefühl, wie andere Städte, zum Beispiel Braunschweig, vor dem Krieg einmal ausgesehen haben. Das Wetter spielte am darauf folgenden Tag wieder mit und so konnte die nächste kleinere Tour durchgeführt werden. „Durch die Goslarer Heide“ nannte es mein Navi und tatsächlich, in einigen Bereichen ähnelte die Landschaft etwas an die Heide. Die 14 Kilometer lange Tour war aber letztendlich nur eine Wanderung von Goslar nach Oker und wieder zurück. Trotzdem war die Tour sehenswert und sehr schön.
Fazit: Wer seine Depressionen pflegen möchte, dem sei eine Unterbringung direkt im Harz empfohlen. Wer außer leere Geschäfte und geschlossene Wirtschaften noch etwas Leben bevorzugt, für den ist wahrscheinlich der Harzrand die bessere Lösung. Mir haben die 5 Tage in Goslar gut gefallen, jedoch reicht die Anzahl der Tage für die Region auch völlig aus. Ich komme wieder. Es ist der ideale Platz, um für ein paar Tage mal den Kopf freizubekommen.
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