- Hendrik Lorenz
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Ein weiterer kleiner Ortsteil von Berlin, den kaum einer kennt und der auch dementsprechend immer wieder unterschätzt wird. Als ostzonaler Teil Berlins grenzte Berlin-Wilhelmsruh einst am westlichen Bezirk Berlin-Reinickendorf. An der Kopenhagener Straße war vor der Wende Schluss. Heute erfreut sich Berlin-Wilhelmsruh wie auch weitere Ortsteile des Bezirks Pankow großer Beliebtheit bei jungen, oft auch alternativ lebenden Familien. Die gerade mal 8000 Einwohner zählende Gemeinschaft zwischen Reinickendorf, Rosenthal und dem Märkischen Viertel ist eine wahre Oase des Wohnens ohne große Highlights. Dementsprechend ist hier authentischen Lebens fernab jeglichen Tourismus zu finden. Dennoch gibt es etliches historisches in Berlin-Wilhelmsruh zu entdecken. Da wäre als Erstes das riesige Gelände des heutigen Pankow-Parks. Zu DDR-Zeiten VEB Bergmann-Borsig. Vor der Wende hatte dieses Gebiet eine besondere Lage, direkt an Berliner Mauer. Es befand sich in einem Dreieck zwischen Reinickendorf und dem Märkischen Viertel. Der Todesstreifen umzog den kompletten Industriepark. Noch heute sind Teile der Hinterlandmauer auf dem Gelände zu finden. Sie dienten dazu, die Bevölkerung von Berlin-Wilhelmsruh davon abzuhalten, das Werk zu betreten oder einzusehen. Das Werk Bergmann-Borsig war nach der Wende schnell Geschichte. Heute befinden sich Unternehmen wie General Electrics oder Stadler Deutschland sowie viele weitere kleinere Industrie und Event-Unternehmen auf dem Areal des ehemaligen VEB. Viele Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Die meisten sind restauriert und bewirtschaftet. Einige auf dem Gelände stehende Hallen sind weiterhin dem Verfall ausgesetzt, da sich kein Investor findet. Andere unter Denkmalsschutz stehende Industriegebäude wurden inzwischen entlang der S-Bahn Trasse abgerissen. Auf dem Gelände des Pankow-Parks betreibt die Band „Rammstein“ einen Shop in einer eigens dafür restaurierten alten Industriehalle. Die Heidekrautbahn wird derzeit reaktiviert und verbindet ab der S-Bahn-Station Wilhelmsruh in den nächsten Jahren den Ortsteil mit der nördlichen Brandenburger Provinz. Die Bahn durchquert den Pankow-Park. Der Grund gehört der NEB (Niederbarnimer Eisenbahn) und ist bis heute eingezäunt. Die Reaktivierung der Heidekrautbahn erweckt allerdings den Unmut einiger Anwohner, die sich 60 Jahre nach der Stilllegung der Strecke am ehemaligen Gleisverlauf ein Häuschen hochgezogen haben. Am Haupteingang des Pankow-Parks an der Lessingstraße befindet sich eine große Kita. Nur wenige wissen, dass dies einst die Baracken für Zwangsarbeiter im Dritten Reich waren. Auf der anderen Straßenseite gab es die gleichen Baracken. Jedoch sind diese heute verschwunden und es befindet sich an der Stelle ein Parkplatz. Eine versteckte Gedenktafel auf dem Gelände der Kita erinnert heute an die Zwangsarbeiter, die in den Jahren zwischen 1940 und 1945 auf den Bergmann Elektrizitätswerken unter unmenschlichen Bedingungen ums Leben kamen. Der Ortsteil an sich besticht noch mit seinem dörflichen Charme. Zwischen den vielen Neubauten sind immer wieder schmucke Häuser aus der Gründerzeit zu finden. Die meisten DDR-Plattenbauten sind heute saniert und nicht mehr so schlimm anzusehen. Am ehemaligen Grenzübergang Kopenhagener Straße bzw. der S-Bahn-Station Wilhelmsruh befindet sich das frühere Umspannwerk Wilhelmsruh. Ein aus Backstein im Stile der neuen Sachlichkeit erbautes Gebäude, das heute noch architektonisch einzigartig ist.